Als mein Chef sagte: „Du bist nicht kreativ, André.“

Über das Erkunden von fremden Landkarten.

Dieser Satz begleitet mich bis heute: „André, ich weiß nicht, ob Du wirklich kreativ bist.“ Gesagt hat ihn mein damaliger Chef im Mitarbeitergespräch. Ein Mensch, den ich bis heute sehr schätze, der mich immer gefördert und inspiriert hat. Vorbild hört sich immer komisch an. Aber ja, er ist es. Sein Feedback war immer wertvoll, motivierend und ehrlich.
Umso mehr hat mich diese Aussage überrascht und irritiert.

Warum?

Kreativität ist der zentrale Bestandteil meiner Persönlichkeit. Schon in der Schulzeit schrieb ich viele Geschichten, spielte Theater, entwickelte neue Ideen. Später im Job galt ich als jemand, der unkonventionell denkt, mutig Neues ausprobiert und Impulse setzt. Das hatten mir auch alle vorherigen Chefs so bestätigt.

Und nun saß ich in diesem Mitarbeitergespräch – und hörte im zweiten Jahr in Folge, dass mein Chef mich nicht als besonders kreativ wahrnahm. Ich konnte es anfangs nicht verstehen, wie jemand, der mich so gut kennt, so „falsch“ wahrnimmt.

Die Antwort fand ich erst, als ich begann, mich wirklich auf seine Landkarte zu begeben. Für meinen Chef war Kreativität etwas anderes als für mich. Er dachte dabei an Zahlenmodelle, Angebotspakete, an wirtschaftliche Gestaltungsspielräume. Eine Kreativität, die für den wirtschaftlichen Erfolg meines Jobs super wichtig war.

Für mich dagegen ist Kreativität eng verbunden mit Sprache und Gestaltung – mit dem Mut, neue Ideen umzusetzen. Heute weiß ich: Wir hatten beide recht, waren aber auf unterschiedlichen Landkarten unterwegs. Im Coaching sprechen wir oft vom Modell der Landkarten: Jeder Mensch hat seine eigene innere Landkarte  – geprägt von Erfahrungen, Werten und Überzeugungen.

Diese Landkarte ist nicht die Realität, sondern immer eine individuelle Darstellung davon. Die zentrale Haltung im Coaching besteht darin, die Landkarte des Klienten zu betreten, ohne sie zu bewerten. Nicht zu sagen: „Deine Karte ist falsch“, sondern zu verstehen, wie jemand die Welt sieht, warum er sie so sieht – und welche Wege darauf möglich sind.

Genau das habe ich im Mitarbeitergespräch mit meinem Chef gespürt:

Ich konnte nur dann verstehen, was er meinte, als ich aufhörte, von meiner eigenen Definition von Kreativität auszugehen – und begann, neugierig seine zu erkunden. Seitdem achte ich im Leben viel bewusster darauf, auf welcher Landkarte mein Gegenüber unterwegs ist.

Wir alle neigen dazu, die Welt durch unsere eigene Brille zu sehen und zu glauben, das sei die Realität. Doch wirkliche Verbindung entsteht erst, wenn wir innehalten, fragen und zuhören – ohne sofort zu interpretieren. Mein Chef hat mir damals unbeabsichtigt eine der wertvollsten Coaching-Lektionen geschenkt: Es geht darum, zu verstehen, wie der andere die Welt sieht.

Und manchmal zeigt sich genau darin die größte Kreativität – im Perspektivwechsel.

Für Stan: Freue mich auf den nächsten Landkarten-Austausch. Hauptsache kreativ!

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